Der Verein Chleigrüt verlangt die Verlegung der Bauzone Chleigrüt. Die Ablehnung der Testplanung zum Entwicklungs- und Wohnschwerpunkt (ESP/WSP) und die Ablehnung des Kieswerks zeigt klar, dass die Bevölkerung neuen Bauprojekten in diesem Gebiet kritisch gegenübersteht. Durch eine Baulandumlegung und der Realisierung des Projekts "Naturraum Chleigrüt", kann der zwingend notwendige Ausgleich zur anhaltenden hohen Bautätigkeit in der Region schaffen.
Die ehemalige Kiesgrube Chleigrüt liegt mitten im Wald und mitten in der letzten unverbauten Landschaft zwischen Rheinfelden und Möhlin. Sie ist als Gewerbegebiet eingezont. Die schneisenartige Verlängerung des Gewerbegebiets Rheinfelden-Ost, Richtung Rhein ist aus heutiger Sicht unsinnig. Sie liegt in der historischen Absicht begründet, den Rhein bis zum heutigen Kraftwerk schiffbar zu machen und ein Hafen anzulegen. Ein Hafen ist heute nicht mehr möglich. Eine Verschiebung des Gewerbegebiets drängt sich aus raumplanerischer Sicht auf. Neue Bauten müssen an das bestehende Siedlungsgebiet angrenzen und dürfen keinesfalls mitten im Wald erstellt werden.
Das Chleigrüt ist als Gewerbezone (Arbeitszone II) ungeeignet. Es liegt fernab und es besteht keinerlei Infrastruktur. Ein Anschluss an den öffentlichen Verkehr existiert nicht. Die Erschliessung mit Strom, Wasser, Abwasser und Strasse müsste mit grossem Aufwand erstellt werden.
Hingegen sind intakte Naherholungsgebiete für die Lebensqualität essenziell. Für die Wohnqualität in Rheinfelden und Möhlin ist es entscheidend, ob sie von weitläufigen Gewerbegebieten oder intakter Natur umgeben sind. Mit dem Projekt "Naturraum Chleigrüt" wird in nur wenigen Gehminuten von den Zentren, Natur von höchster Qualität erlebbar gemacht.
Ein Naturgebiet dieser Grössenordnung ist ein Magnet für interessierte Fachleute und ein Ausflugsziel für die ganze Nordwestschweiz.
Die Webseite www.naturzentren.ch gibt eine Übersicht über vergleichbare Orte. Alle haben spürbar den Tourismus ihrer Region belebt.
Zum Beispiel der Lernort Kiesgrube in Rubigen (BE) besuchten zwischen 2005 und 2018 unglaubliche 25'168 Personen. Unangemeldete Besuche sind in Rubigen nicht möglich.
Im Naturlehrgebiet Buchwald in Ettiswil (SO) haben alleine 2017 über 200 Gruppen eine Führung gebucht. Dazu kommen unzählige Ausflügler und Tagestouristen.
Das Projekt „Naturraum Chleigrüt“ ist verhältnismässig günstig und gut finanzierbar.
Das Projekt kann Teil von Umweltersatzmassnahmen sein.
Zudem kann das Projekt sehr gut etappenweise realisiert werden. Dies gibt Spielraum und Zeit bei der Finanzierung. z.B. durch überregionale Umwelt-Ersatzmassnahmen könnten laufend neue Element realisiert werden.
Durch das Chleigrüt verläuft der wichtige kantonale Wildtierkorridor AG-R1, der den Schwarzwald mit dem Jura verbindet. Dieser Wildtierkorridor muss als das wichtigste Natur- und Umweltobjekt auf Rheinfelder Boden betrachtet werden. Die zwei europäischen Gross-Habitate Schwarzwald und Jura treffen hier aufeinander.
Wenn das Gebiet Chleigrüt überbaut würde, wäre der Wildtierkorridor stark beeinträchtigt. Dem gegenüber wertet das Projekt Naturraum Chleigrüt den Wildtierkorridor stark auf. So wie es im Massnahmenkatalog zum AG-R1 des Kantons Aargau festgehalten ist.
Steinbrüche und Kiesgruben sind anerkanntermassen wertvolle Lebensräume, die aufgrund der hohen strukturellen Diversität eine hohe Artenzahl aufweisen.
Diverse Faktoren spielen dabei eine Rolle. Unter anderem die Grösse. Die durchschnittliche Artenzahl stiegt dabei von knapp 150 Gefässpflanzenarten bei Steinbrüchen
unter 3 ha auf 260 Arten in Steinbrüchen über 12 ha (die Kernzone Naturraum Chleigrüt hat 11 ha).2 Ebenfalls eine grosse Rolle
spielt das Umfeld. Ein artenreiches Umfeld führt meistens auch zu artenreichen Kernzonen.
Das Monitoring einer 30 ha grossen Kiesgrube in der deutschen Oberrheinebene (Hardtwald Durmersheim) zeigt 230 Gefässpflanzen, 78 Moos und 106 Flechtenarten.
Von denen jeweils 22 (10 %), 22 (28 %) bzw. 38 (36 %) Arten landes- und/oder bundesweit bedroht sind. Aus den acht untersuchten Tiergruppen Vögel, Amphibien, Wildbienen, Wespen,
Laufkäfer, Tagfalter, Heuschrecken und Libellen wurden 527 Arten nachgewiesen, von denen 216 (41 %) auf den Roten-Listen und Vorwarnlisten geführt werden. Davon sind wiederum 69 (13 %)
Arten stark gefährdet, extrem selten oder vom Aussterben bedroht.3
2 Werner Konold, 1999. Handbuch Naturschutz und Landschaftspflege: Kompendium zu Schutz und Entwicklung von Lebensräumen und Landschaften. Wiley-VCH, Weinheim.
3 Schiel, F.-J., Rademacher, M., 2008. Artenvielfalt und Sukzession in einer Kiesgrube südlich Karlsruhe. Naturschutz und Landschaftsplanung 40 (3), S. 87-94
Profil durch eine aufgelassene Kiesgrube: 1 Steilwand mit Moräne. Schotter und Sandlinsen mit Höhlen der Uferschwalben - 2 Baggerteich mit tiefen Stellen, lehmig-steiniger Grund, mit Armleuchteralge überwachsen. Laichplatz für Molche, Laubfrosch, Wasserfrosch und Erdkröte. Biotop für wirbellose Wassertiere. - 3 Flache Uferzone mit Verlandungspionieren: Laichkraut, Froschlöffel, Schilf, Rohrkolben. Biotop für Wasserinsekten und Amphibienlarven. - 4 Wechselfeuchte Uferzone mit oberflächennahem Grundwasserspiegel: Biotop für Schachtelhalme, Binsen und Seggen. - 5 Trockener Kiesboden mit Ödlandpionieren: auf dem Bild Distel- und Wegericharten: Biotop für trockenheitsliebende Insekten und Spinnen. - 6 Vegetationsloser Steinhaufen: Verstecke für Zauneidechsen und wirbellose Kleintiere. - 7 Trockener Sandhaufen mit jungen Föhren: Brutstätte zahlreicher grabender Insekten. - 8 Seichte Pfützen: Laichplätze von Kreuzkröte und Unke. - 9 Sonnenexponierte Gesteinsblöcke (Findlinge): Brutplätze für Mörtelbienen und Einsiedlerwespen. - 10 Südexponierter Steilhang mit regengeschützten Zonen unter Wurzelstrünken: Findlinge und Fluren von Weidenröschen: Biotop für Ameisenlöwen, Hautflügler und andere Insekten. - 11 Trockener Föhrenwald: gut belichtete Kraut- und Bodenschicht mit seltenen Orchideen und anderen botanischen Raritäten. (nach Krebs et al. 1976)